Vom Kasernengelände zum lebenswerten Quartier

Stadt Fulda entwickelt „Bildungscampus Gallasiniring“

FULDA (jo). Im Quartier Ostend/Ziehers-Süd ist viel Aufbruch zu spüren: Angestoßen durch die Aufnahme in das Förderprogramm „Sozialer Zusammenhalt“ Ende 2014 (damals hieß das Programm noch „Soziale Stadt“) hat sich das Wohngebiet zwischen Kleegarten, Klinikum und Petersberger Straße in den vergangenen Jahren sehr dynamisch entwickelt. Besonders sichtbar ist dies am Gallasiniring.

Das Areal am Gallasiniring besteht im historischen Kern aus den Gebäuden der früheren Konstantinkaserne, die 1933/34 entstand und aus der sich nach dem Krieg ein großes Wohnviertel entwickelte. Im Laufe der Jahrzehnte geriet das Viertel in unmittelbarer Nähe der Gummiwerke in eine Abwärtsspirale. Doch mit Hilfe des Förderprogramms und unter kontinuierlicher Beteiligung der ansässigen Bevölkerung konnte die Stadt Fulda hier vieles zum Positiven wenden, obwohl die Corona-Pandemie einige der Projekte in ihrer entscheidenden Phase ausbremste. Die Attraktivität des Quartiers ist unter anderem durch zahlreiche Wohnumfeldmaßnahmen gewachsen, und das Ende der Produktion der Gummiwerke im Herbst 2025 und die Weiterentwicklung des Industrieareals könnte dem Quartier einen weiteren Impuls verleihen.

Inzwischen spricht die Stadt vom „Bildungscampus Gallasiniring“: Rund  um den Gallasiniring gruppieren sich eine ganze Reihe von Institutionen und städtischen Einrichtungen, die sich um das Thema Bildung, Erziehung, Familie und Gesundheit ranken: Angefangen vom Gebäude Gallasiniring 30, das die Stadt vom Landkreis Fulda erworben hatte und in dem früher unter anderem die Kreisbildstelle untergebracht war; hier ist inzwischen seit 2013 das „Haus der Familie“ ansässig mit Angeboten unter anderem von der Kinderbetreuung (Krippe) über die Deutsche Familienstiftung bis zum Familienzentrum MütZe. Erst seit kurzem eröffnet ist das neue Stadtteilzentrum Ostend im Gebäude Gallasiniring 1 (ehemaliges Georg-Stieler-Haus), in dem der Jugendclub Ostend, die Erziehungsberatung, die Fachstelle Frühe Hilfen des Landkreises, der Pflegekinderdienst, die Jugendhilfe im Strafverfahren und die gemeinsame Adoptionsvermittlungsstelle von Stadt und Landkreis Fulda sowie der Landkreise Hersfeld-Rotenburg und Vogelsberg untergebracht sind. Für den Umbau waren im Förderprogramm Kosten in Höhe von 4,4 Millionen Euro angemeldet. Es sind mit einem Aufzug barrierefrei erschlossene, hochwertige Büroräume und multifunktionale Stadtteilräume entstanden. Durch verschiedene Zugänge (z.B. zum Jugendclub oder zum Stadtteilzentrum) können die Besucherströme gut gelenkt werden. In der vergangenen Woche konnte sich die Öffentlichkeit bei einem „Tag der offenen Tür“ einen Eindruck der neuen Räumlichkeiten verschaffen, die bereits intensiv genutzt werden.

Ebenfalls in städtischer Hand befindet sich das Gebäude Gallasiniring 8-10 (ehemaliges Kreiswehrersatzamt), das in einem sehr zeitraubenden Prozess von der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BIMA) erworben und anschließend aufwendig saniert wurde. Rund 11 Millionen Euro sind in das Projekt geflossen, das in seinem künftigen Nutzungsmix als Modellprojekt dienen kann: Das einst marode Gebäude wurde wieder auf Neubaustandard gesetzt und vereint nun die Themen soziales Wohnen, Anlaufstellen sozialer Kooperationspartnern und eine große Arztpraxis unter einem Dach. Die „Hausarztpraxis Fulda“ wird vom Ärzteteam Dr. Tabea Röder, Dr. Judith Schäfer, Kathrin Vietor-Tögel und Dr. Matthias Müller geführt, daneben gibt drei angestellte Assistenzärztinnen bzw. -ärzte. Insgesamt umfasst das Praxisteam gut 20 Köpfe und bietet eine umfassende hausärztliche Versorgung. Der Ursprung liegt in der Praxis Dr. Vietor, die ihren Sitz über mehrere Jahrzehnte gleich um die Ecke in der Straße Am Jagdstein in beengten Verhältnissen hatte. Dr. Thomas Vietor hatte bereits vor mehr als zehn Jahren die Vergrößerung der Praxis angestoßen, die nächste Medizinergeneration hat nun die neuen, großzügigen Räume eröffnet – und ist gleichzeitig dem Quartier und seinem Patientenstamm treu geblieben.   

Die Bauzeit erforderte von allen Beteiligten gute Nerven, nicht nur die zähen Gespräche mit der BIMA zum Erwerb des Gebäudes, sondern auch die Folgen der Corona-Pandemie und des Ukraine-Kriegs verzögerten die Arbeiten immer wieder. Schließlich sorgte im November 2024 auch noch der Fund einer Fliegerbombe unmittelbar vor dem Gebäude für besondere Aufregung. Zum Jahreswechsel 2025/26 soll aber das Gesamtgebäude fertiggestellt sein, Institutionen wie der Sozialverband VdK und ein Jugendhilfeträger sollen dann einziehen, außerdem werden dort unter Federführung der Stadt Fulda 21 Sozialwohnungen entstehen – ein deutliches Signal der Stadt in einer Zeit, in der der private Wohnungsbau sehr zurückhaltend agiert. Für den Komplex Gallasiniring 8-10 gilt: Die Kombination aus medizinischen Grundversorgung, bezahlbarem Wohnraum sowie sozialen Hilfs- und Beratungsangeboten in einer städtischen Immobilie ist in Fulda einzigartig.  

Doch zum künftigen „Bildungscampus Gallasiniring“ gehört noch weit mehr: Als mit Abstand größtes Projekt entsteht im Bereich der ehemaligen St.-Elisabeth-Kirche und des ehemaligen Pfarrhauses der Neubau der Cuno-Raabe-Schule: Erst vor wenigen Tagen wurde hierfür der symbolische erste Spatenstich gesetzt. Es entsteht ein architektonisch ambitionierter Bau, der das unter Denkmalschutz stehende ehemalige Sakralgebäude geschickt in die neue Nutzung einbezieht. Es handelt sich um das erste Schulneubauprojekt der Stadt Fulda seit dem Bau der Astrid-Lindgren-Schule im Stadtteil Galerie 2005/2006. Die Investitionskosten wurden im Jahr 2024 auf mindestens 30 Millionen Euro geschätzt. Das Herzstück des „Bildungscampus“ wird den Kindern aus der gesamten Umgebung ideale Bedingungen zum Lernen bieten und auch die Möglichkeiten der Nachmittagsbetreuung optimieren. Zum Einzugsgebiet der Cuno-Raabe-Schule wird perspektivisch auch das große Neubaugebiet am Waidesgrund gehören, weshalb auch mit einem wachsenden Bedarf gerechnet werden kann. Für die ersten Bildungsschritte befindet sich gleich nebenan die Kindertagesstätte „Schatzinsel“. Die städtische Kita entstand aus dem ehemaligen katholischen Kindergarten St. Elisabeth. Eine weitere städtische Einrichtung im Quartier, die von zahlreichen Vereinen und Initiativen genutzt wird, ist die Eberhard-Strott-Sporthalle in der Nähe des Sportgeländes des Vereins FSV „Germania“.

Schließlich wäre da noch das Gebäude der bisherigen Cuno-Raabe-Schule. Perspektivisch könnte auch dieses einen weiteren Baustein des „Bildungscampus“ bilden: Ein mögliches Modell wäre die Verknüpfung des Themas Ausbildung mit dem medizinischen Sektor. Gespräche der Stadt mit dem Klinikum Fulda laufen, vorstellbar ist eine Ansiedlung der Klinikschule – in Laufweite zum Klinikum ein wirklich attraktiver Standort.

Die Idee eines „Bildungsgcampus Gallasiniring“ meint aber mehr als nur die Schaffung von Räumen für Bildung und Gesundheit. Die Stadt Fulda hat mit dem Bildungscampus-Management eine Stelle geschaffen, die alle Akteure im Quartier – von Familienzentrum über Kita, Schule und Jugendarbeit bis hin zu den Stadtteiltreffs und Vereinen – an einen Tisch bringt und vor allem die Übergänge (zum Beispiel von der Kita in die Grundschule) für die Menschen vor Ort optimiert und insgesamt dazu beiträgt, die Unterstützungsangebote für Kinder und ihre Familien auszubauen im Sinne einer „frühen Hilfe“. Der von vielen Akteuren getragene Arbeitskreis „Kinder in Ostend und Ziehers-Süd“ in Verbindung mit dem Stadtteilbeirat STABOS hat bereits Wesentliches geschaffen, das Bildungscampusmanagement soll auch weiterhin die vielen vorhandenen Kräfte zusammenführen. Als Ansprechpartnerin dient hier die Bildungscampus-Managerin Ramona Simon, Telefon (0661) 102-3290 oder [email protected].